1. Die Grundidee
Die DJI-Kinderbetreuungsstudie zeigte, dass sich im Vorschulalter eine entscheidende Entwicklungsphase vollzieht, die ausschlaggebend für den weiteren Lebensweg ist, und hier aufgrund von unterschiedlicher häuslicher Förderung und unterschiedlichem Bedarf bereits soziale Ungleichheit besteht.
Um die Chancengleichheit für alle Kinder in einer inklusiven Gesellschaft zu gewährleisten, ist die Verschiedenartigkeit von Kindern als Bildungspotential zu verstehen. Kinder mit Benachteiligungen oder Behinderungen bedürfen einer besonderen (Be-) Achtung, Zuwendung und Förderung ihrer Entwicklungsprozesse. Kindertageseinrichtungen als multifunktionale Einrichtungen für Familien stehen somit vor der Herausforderung, den veränderten Anforderungen durch bedarfsgerechte und gebündelte Angebote zu entsprechen.
Zusätzlich zu den Angeboten der Kindertagesstätten benötigen einige Kinder für die Entfaltung ihres Entwicklungspotentials eine individuelle Förderung. Eine frühzeitige und in jungen Jahren installierte Förderung bietet die größten Erfolgschancen, dass das Kind im Erwachsenenalter ein möglichst selbstbestimmtes Mitglied der Gesellschaft sein kann.
Dieses Angebot richtet sich an Kinder, die auf persönliche Belastungssituationen und -faktoren mit herausforderndem Verhalten reagieren. Dieses Verhalten kann als kreativ, originell und ungewöhnlich wahrgenommen werden. Es ist wichtig, die positive Absicht und somit mögliche Handlungsmotive und Bedürfnisse zu verstehen und das Spektrum der Handlungsmöglichkeiten des Kindes durch ressourcenorientierte Interventionen zu erweitern. Es ist somit unabdingbar, dem Kind mit Empathie, Achtsamkeit und Geduld zu begegnen und ein angemessenes sowie feinfühliges Verhalten durch ruhige, besonnene und reflektierte Reaktionen zu zeigen.

Heilpädagogik beinhaltet den ethischen Anspruch, jeden in seinem Sinn, seiner Einmaligkeit und seinem sozialen Status zu achten und zu fördern. Sie orientiert sich am ganzheitlichen Menschenbild. Heilpädagogisches Handeln wird notwendig, wenn medizinisches oder therapeutisches Handeln nicht ausreichen, um die Lebensanforderungen adäquat zu bewältigen. Es geht darum, die individuellen Fähigkeiten und Biografien zu berücksichtigen sowie den Blick auf die ganze Persönlichkeit des Kindes zu richten.
Das zu sehen was dem Kind und dessen Umfeld möglich ist, bietet die große Chance, dessen Fähigkeiten und Potentiale zu nutzen und dessen Resilienz zu erhöhen. Dies ermöglicht Entwicklungsprozesse anzuregen, um die Teilhabe am Kita-Alltag zu erhöhen.
Der Grundgedanke des Leistungsangebots ist es, ein bedarfsgerechtes und abgestimmtes Komplexangebot aus heilpädagogischer Förderung, Fachbegleitung und Teilhabebegleitung im KiTa-Alltag anzubieten. Diese Komplexleistung erfolgt immer zusätzlich und unabhängig von den Leistungen der KiTa.
Die Basis dieser Leistung bildet eine heilpädagogische Förderung des jeweiligen Kindes in der KiTa. Dies wird durch eine Teilhabebegleitung im KiTa-Alltag ergänzt. Die Teilhabebegleitung befindet sich mit der heilpädagogischen Fachkraft im ständigen Austausch über das Verhalten des Kindes. Die heilpädagogische Fachkraft plant und leitet konkrete Fördermaßnahmen ein und befähigt die Teilhabebegleitung unter Berücksichtigung der spezifischen heilpädagogischen Fördermaßnahmen angemessen auf das Verhalten des Kindes zu reagieren.
Möglichkeiten für die Teilhabebegleitung bestehen darin, die Not und Frühwarnzeichen zu erkennen und rechtzeitig in Absprache mit der heilpädagogischen Fachkraft angemessen zu reagieren, um Sicherheit zu bieten und gemeinsam mit dem Kind individuell erarbeitete Lösungsstrategien umzusetzen. Dies geschieht eingebettet in den Kita-Alltag.

Es geht darum, dem Kind zu vermitteln, dass gesehen wird, was es zu tun vermag und Methoden gewählt werden, die sich auf die Kompetenzen und Fähigkeiten konzentrieren und das Zutrauen in die eigenen Fähigkeiten stärken. Dabei gilt es, das Kind individuell zu betrachten, sein Verhalten im Kontext wahrzunehmen und die Sinnhaftigkeit dahinter anzuerkennen.
Die heilpädagogische Blickweise unterstützt dabei Leitfragen wie „Welche Funktion hat das Verhalten?“ bzw. „Welche Botschaft steht hinter dem Verhalten?“ sowie „Wann taucht dieses Verhalten nicht auf?“ zu stellen und hypothesengeleitete Angebote zu erstellen. Eine wertfreie Beobachtung des Kindes in seiner Umwelt und ein positiver Blick bewahrt vor Defizitorientierung und führt zur Haltungsveränderungen, welche sich wiederum positiv auf die Sicht aller Beteiligten auf das Kind auswirkt.
Das Leistungsangebot strebt an, dies durch die enge Zusammenarbeit von Teilhabebegleitungen und heilpädagogischen Fachkräften (HP) für die Kinder zu gewährleisten. Durch die fachlich angeleitete, kohärente und wertschätzende Begleitung durch die Teilhabebegleitungen vor Ort entsteht für die Kinder und die Erzieher:innen in den Kitas sowie für die Familien ein großer Mehrwert. Jedes betroffene Kind kann so auch in Abwesenheit der heilpädagogischen Fachkraft individuell und ganzheitlich im Alltag mit dem heilpädagogischen Blickwinkel begleitet werden. Außerdem steht der heilpädagogischen Fachkraft eine kindbezogene Austauschperson aus Alltagssituationen in der KiTa für die Förderplanung und -evaluation zur Verfügung.
Diese Konzeption stellt unser Komplexangebot aus heilpädagogischer Förderung mit Teilhabebegleitung, unsere Ziele und die dazugehörigen Methoden und Aufgaben vor.